Der Begriff “Global Business Service Centres” (GBS) ist zwar verbreitet, aber er klingt irgendwie ungenau – wir haben deshalb Monta Geidane, Executive Director bei ABSL Lettland (ABSL steht für die Association of Business Service Leaders) befragt, um den Sektor besser erklären zu können.

Dazu sagt Monta:

Obwohl Business Service Centers für viele Branchen Sinn machen, unterstützen sie nur über Umwege die Gewinnerzielung oder beteiligen sich an der Ausführung der Hauptaktivität des Unternehmens. In der Regel handelt es sich eher um Kostenstellen oder um den Teil der Organisation, der für Back-Office-Funktionen verantwortlich ist und einen effizienteren Betrieb des multinationalen Geschäfts ermöglicht.

Ein GBS-Center ist somit in den meisten Fällen eine ausgegliederte, separate Einrichtung des globalen Unternehmens, die z.B. für die Bereitstellung von IT, Buchhaltung und Finanzen, Kundendienst, Beschaffung, Logistik, Recht und Dokumentenmanagement für alle Filialen verantwortlich ist.

Ein GBS Zentrum kann allerdings auch die genannten Dienstleistungen für rechtlich nicht mit ihm verbundene Unternehmen erbringen. Hier ist das GBS Zentrum ein eigenes Dienstleistungsunternehmen, welches mit diesem Service Gewinne erwirtschaftet. Die Funktionsweise solcher Outsourcing-Zentren ist jedoch der von Unternehmenseigenen Einrichtungen sehr ähnlich.

Der Business Services Sektor kann in zwei Hauptgruppen unterteilt werden: Shared Service Center (auch als GBS-Center, Centers of Excellence bezeichnet) und Business Process Outsourcing- oder IT Process Outsourcing-Unternehmen.

  • Shared Service Center, Kompetenzzentren, GBS-Strukturen:

Ein Shared Service Center ist Teil einer global operierenden Organisation, um zentral die für alle Niederlassungen gleichen Backoffice-Funktionen zu bedienen. Unterschiedliche Prozesse, Berichte, Funktionen werden dadurch vereinheitlicht, effizienter und kostengünstiger.

Ein Shared Service Center gehört immer zu einer Organisation mit globaler oder multinationaler Präsenz.

  • BPOs – Outsourcing von Geschäftsprozessen, ITOs – Outsourcing von Informationstechnologie

Der Schwerpunkt von BPO-Zentren liegt auch auf dem Outsourcing bestimmter Unternehmensdienstleistungen, in diesem Fall jedoch erfolgt diese Auslagerung an rechtlich unabhängige Dienstleister für  – die typischsten – Buchhaltung, Call-Center-Service oder ähnliche wie unter 1) genannten.

Ebenso verhält es sich für die ITO-Zentren – diese bieten IT-Support, IT-Helpdesk und Softwareentwicklungsdienste für Unternehmen weltweit. ITO-Partner werden von Organisationen bevorzugt, die bestimmte IT-Prozesse lieber auslagern, als sie intern mit  eigenen Mitarbeitern durchzuführen.

Um ein Mitglied des ABSL Verbands in Lettland zu werden, muss ein Unternehmen die folgenden Kriterien erfüllen:

Es muss ein globales Unternehmen mit einer in Lettland gegründeten Geschäftseinheit sein, die Unternehmensdienstleistungen (IT, Finanzen, Buchhaltung, Kundendienst, HR, Beschaffung, Dokumentenmanagement, Logistik usw.) bereitstellt für die globalen Niederlassungen des Unternehmens. Oder ein externer Dienstleister mit dem gleichen Spektrum.

Mehr als 50% aller von der eigenen oder externen Organisation erbrachten Dienstleistungen sollten für Kunden außerhalb des Landes erbracht werden (es geht hier in erster Linie um den Export von Unternehmensdienstleistungen aus Lettland).

Eines der Ziele von ABSL ist die Förderung und Verbesserung des gesamten Umfelds in Lettland für den Wachstumssektor „Unternehmensdienstleistungen“. Je besser sich das Ökosystem entwickelt, desto einfacher können zusätzliche Investitionen gewonnen oder die Erweiterung von bestehenden Unternehmen betrieben, und neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Ein gut aufgestelltes Geschäftsumfeld trägt insgesamt zur Standortförderung bei und ermutigt internationale Wirtschaftsführer, sich in Lettland niederzulassen und ihre Outsourcing-Zentren genau hier einzurichten.

Lettland ist ein relativ neuer Player im Bereich GBS. Dies kann als verpasste Chance gesehen werden, aber tatsächlich bringt es eher Vorteile für den Standort mit sich – ein niedriger Sättigungsgrad und die Kapazität für die Eröffnung weiterer Betriebe, sowie die Förerung des Wachstums bereits bestehender Unternehmen, sind in Lettland im Vergleich zu anderen beliebten GBS Standorten in Mittel- und Osteuropa leichter machbar. Viele dieser Länder haben bereits eine hohe Marktsättigung erreicht (% aller in der Branche beschäftigten Mitarbeiter) – was zu einer erhöhten Jobrotation führt und zu Schwierigkeiten bei der Suche nach qualifiziertem Personal führt. In Lettland gibt es nach jetzigem Stand rund 50 Global Business Center mit ca. 15.500 Mitarbeitern.

„Talent“ – geeignete Mitarbeiter – sind der wichtigste Indikator für die Förderung von Wachstum in der GBS-Branche an jedem Standort. Nur rund 8% der vom Business Services Sektor in Lettland angebotenen Arbeitsplätze sind von Mitarbeitern aus dem Ausland besetzt. Vor allem Unternehmen auf der Suche nach IT-Talenten, sind offen für die Rekrutierung von Fachkräften aus Weißrussland, Russland, der Ukraine oder Indien.

Auf diese Weise bringen Investoren das für ihr Unternehmen erforderliche Spezialwissen mit ein, bilden gleichzeitig lokalen Nachwuchs aus und schaffen neue Arbeitsplätze.

Der Wissenstransfer ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Erweiterung des Talentpools und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Lettland.

Die meisten Business Services Zentren in Lettland befinden sich in Riga, der Hauptstadt Lettlands. Ein Grund dafür ist die gute Erreichbarkeit der Stadt. Der internationale Flughafen Riga spielt eine wichtige Rolle mit seinen Flugverbindungen in weltweite Länder und deren Hauptstädte. Schnelle Erreichbarkeit für Manager, die bei Bedarf ihre Niederlassung in Lettland besuchen müssen, ist somit gegeben. Eine Standortentscheidung innerhalb Lettlands hängt natürlich auch vom Zweck des Business Service Centers ab. Wenn dieses z.B. hauptsächlich Kunden in Russland bedient und Mitarbeiter mit russischen Sprachkenntnissen benötigt, passen auch grenznahe Städte zu Russland, wie Daugavpils, als Standort.

Durch die Pandemie hat sich der Blick auf die Zukunft der Arbeit geändert. Werden die Angestellten in Zukunft wieder von ihrem Büro aus arbeiten oder werden sie die Arbeit aus dem Home Office vorziehen?

Tatsächlich ist alles gleichzeitig möglich und die kurzen Entfernungen in einem kompakten Land wie Lettland erlauben es, von überall aus zu arbeiten und nur gelegentlich die Büros der Firma zu besuchen. Viele GBS-Organisationen gestalten derzeit ihre Arbeitsrichtlinien entsprechend um für mehr  Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter.

Alle am Ausbau und an der Verbesserung des GBS-Ökosystems in Lettland beteiligten Akteure – wie LIAA (die Investitions- und Entwicklungsagentur Lettlands), die kürzlich gegründete Agentur für Investitionen und Tourismus in Riga sowie ABSL – arbeiten gut zusammen und unterstützen sich gegenseitig dabei, neue Investoren und Mitglieder zu gewinnen:  LIAA mit einem breiten Spektrum an Fachwissen berät potenzielle Investoren in allen vorrangigen Sektoren. Riga als Hauptstadt Lettlands plant den Standort für gezielte Investitionen (wie GBS) zu bewerben und passende Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen.

ABSL unterstützt beide staatlichen Institutionen bei der Bereitstellung der erforderlichen Daten und fundierten Kenntnisse in Fällen, in denen Investoren Lettland als potenzielles Ziel für die Einrichtung eines GBS-Zentrums auswählen.


Interview and text Johanna Fischer, tmf knowledge destinations

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